Foto: Preciosa
Euroluce – von der Natur zur Technologie
Auf der Euroluce mit ihrem Zweijahresrhythmus zeigen sich neue Designansätze. Hier zeigt sich eine gewisse Klarheit in der Welt des Lichts. So wird beispielsweise die Unterscheidung zwischen dekorativem Licht mit einer skulpturenähnlichen, künstlerischen Prägung und architektonischer Beleuchtung, die fast verborgen bleibt und sich mit der Qualität des Ambiente beschäftigt, immer deutlicher. Die erstgenannte Richtung, die eben auf dekoratives Licht ausgerichtet ist, belegte die größte Fläche in den Mailänder Messehallen. Von besonderer Bedeutung ist ein Trend, den wir „alla Anastassiades“ bezeichnen könnten, da er sich klar auf den Stil des großen anglozyprischen Designers mit seiner Balance von Stäben und Kugeln, von reinen geometrischen Linien und Formen bezieht.
Renaissance der Vergangenheit
Auch die Beleuchtung erlebt einen Moment der wiederentdeckten Vergangenheit. Die klassischen Meisterwerke sind wieder da. So können wir bei Tato Kultobjekte wie die Leuchte „Arenzano a tre fiamme“ wiederfinden, die 1963 von Ignazio Gardella für Azucena entworfen wurde, während Santa & Cole erneut „Tatu“, eine 1972 von André Ricard entworfene Periskop-Tischleuchte, präsentiert. Und die Lehre aus der Vergangenheit wird zur formalen Grundlage für neue Interpretationen, wie man sie beim Vergleich der legendären Tischleuchte „Libra Lux“ von Roberto Menghi (1948), die heute von Nemo produziert wird, mit „Bird“ von Bernhard Osann erkennen kann. Beide wurden für dasselbe Unternehmen und mit dem gleichen Balanceprinzip entworfen. Gleichzeitig entstammen der Vergangenheit aber auch gewisse dekorative Fähigkeiten. So lässt Marcel Wanders Schmetterlinge auf die klassische Konstruktion des Murano-Kronleuchters „Adonis“ für Barovier & Toso setzen und Tulpen auf ihr blühen.
Rund um die Natur
Die Rückkehr zur natürlichen Welt ist sicherlich der vorherrschende Trend der Euroluce 2019. Die tschechische Unternehmensgruppe Brokis greift mit der von Lucie Koldova entworfenen „IVY“ direkt die Pflanzenwelt auf und
deutet auf das horizontale oder vertikale Wachstum der Äste von Bäumen hin. Auf den Meeresboden, Unterwasserpflanzen oder mit Stacheln (aus Holz) bewachsene Fische bezieht sich hingegen Arturo Álvarez mit der Hängeleuchte „Aimei“ für Calor Color. Ein analoger naturalistischer Mechanismus führt Arik Levy zu Rohkristallen und jenem Neoprimitivismus, der bereits als Trend in der Möbelindustrie erprobt wurde und umso unglaublicher erscheint, wenn er mit Glas und Licht umgesetzt wird („Cristal Rock Raw“ für Lasvit). Cristina Celestino lässt sich bei den beiden neuen Leuchten, Oppio und Lilly, die den Beginn ihrer Zusammenarbeit mit Kundalini kennzeichnen, von den Knollen und zum Blühen bereiten Knospen inspirieren. Kurz gesagt, Euroluce geht gleichzeitig mit der XXII. Mailänder Triennale auf die Natur ein, dies aber mit einer viel poetischeren und positiveren Vision. Catellani & Smith bietet hierzu eine Interpretation, bei der – ausgehend von einem Sonnensystem aus leichten, mit Silikonlinsen bestückten Kreisen – eine Kugel entsteht, die enorm groß (120 cm), aber auch extrem leicht ist („56 Petits Bijoux“).
Weniger Form und mehr Magie
Die Miniaturisierung der Lichtquellen führt in der Tat zur Schaffung formal minimaler Objekte, die gleichzeitig eine bemerkenswerte Lichtwirkung erzeugen. Dies ist der Fall bei der großen Bogen-Stehleuchte mit Carbon-Ständer „Mito Largo“ von Occhio oder bei der Tischleuchte „Tia“ von Lumina mit geblasenem Glaskörper, der seltsamerweise „leer“ zu sein scheint. Zur Lichtqualität ergänzt „Hush“ von Massimo Farinatti für Martinelli Luce den erhöhten Komfort dank der Verwendung von integrierten Schalldämmplatten, die von Caimi Brevetti geliefert werden. Wiederum minimal ist „XLight“ von Michele Reginaldi für Firmamento Milano, wobei diese Leuchte jedoch auf die dimensionale Wirkung einer echten „Schlafzimmer-Skulptur“ verweisen kann – ein doppeltes, 187 cm hohes X, mit poetisch in das Gestell integrierten Lichtquellen.
Zu diesem Trend der formalen Reduzierung bei gleichzeitiger Effizienzsteigerung und überraschender Beleuchtungstechnik gehören zweifellos die tragbaren Leuchten „Parrot“ und „Salt & Pepper“ von Tobias Grau, die dank der bis zu 100 Stunden dauernden Batterieladung kabellos leuchten. Schließlich ist das von Ichiro Iwasaki für Vibia entworfene System „Tube“ (das englische Wort für U-Bahn) eine kreative Lösung für die Deckenlichtverteilung. Es handelt sich hierbei um ein Netzwerk aus steckbaren Rohren, welches das Licht ausgehend von einem einzigen elektrischen Anschlusspunkt überallhin leiten kann.
Vorstellung Neuheiten in der nächsten Ausgabe Licht Kult
In der kommenden Ausgabe unseres Design Magazins Licht Kult werden wir ausführlich und in Farbe über die neuesten Trends, innovative Produktentwicklungen aktuelle Designthemen berichten. Die neue Licht Kult Ausgabe Nr. 8 kommt ab Juni 2019 in den Handel.